Weihnachtsgeld: Eine festliche Reise durch die deutsche Arbeitswelt
Es war einmal in den 1950er Jahren, als die Welt noch in Schwarz-Weiß und die Wirtschaft in D-Mark funktionierte. Die Gewerkschaft ÖTV (heute übrigens unter anderem als Ver.di bekannt) beschloss, den Weihnachtsgeist in die Geldbörsen der arbeitenden Bevölkerung zu zaubern. Im Jahr 1952 erblickte die „Weihnachtszuwendung“ das Licht der Tarifwelt – ein Name, der so gemütlich klingt, als wäre er direkt vom Christkind genehmigt worden.
Was damals als kleine finanzielle Starthilfe für Geschenke, Gänsebraten und Glühwein begann, entwickelte sich schnell zu einem Kassenschlager. Die Idee: Eine kleine Prämie, damit der durchschnittliche Arbeitnehmer nicht in der Adventszeit mit leerem Portemonnaie vor dem Schaufenster steht und nur von der Modelleisenbahn träumen kann. Schließlich will niemand in der Vorweihnachtszeit darüber nachdenken müssen, ob er die Kinder reich beschenken oder doch lieber die Miete zahlen soll.
Doch was wäre die Arbeitswelt ohne Konkurrenz? Kaum hatte die ÖTV ihren ersten Tarifvertrag geschnürt, schauten andere Branchen nicht länger zu. Die Weihnachtszuwendung wurde zur Massenbewegung – ein 13. Monatsgehalt hier, eine Bonuszahlung dort. Bald wusste keiner mehr so genau, ob das Geschenk unter dem Weihnachtsbaum von Tante Erna oder vom Arbeitgeber bezahlt worden war.
In den 1980er Jahren wurde das Ganze dann offiziell umbenannt in „Jahressonderzahlung“. Man könnte meinen, der Weihnachtsmann habe sich eine Marketingagentur zugelegt. Der neue Begriff klang moderner, flexibler und vor allem ein wenig weniger nach Zimtsternen und Tannenbäumen. Das machte es leichter, das Geld auch mal im Sommer für einen neuen Grill oder den Strandurlaub auszugeben – denn warum sollte man sich nur im Dezember über Extra-Kohle freuen?
Heute ist das Weihnachtsgeld so sehr Teil der deutschen Arbeitskultur wie der obligatorische Bürokuchen zum Abschied eines Kollegen. Es ist nicht nur ein Zeichen von Wertschätzung, sondern auch ein willkommener Rettungsanker in einer Zeit, in der die Preise für Weihnachtsgänse höher zu sein scheinen als der Berliner Fernsehturm.
Doch seien wir ehrlich: Weihnachtsgeld ist mehr als nur ein Gehaltsposten. Es ist eine Erinnerung daran, dass der Kapitalismus manchmal doch ein Herz hat – zumindest ein kleines, vielleicht schokoladengefülltes. Und wenn man ganz genau hinhört, könnte man fast meinen, dass irgendwo eine Gewerkschaftsfee leise „O du fröhliche“ summt.